Vor einiger Zeit habe ich das Programm StarTools für die Bearbeitung von Astrofotos entdeckt, das einen etwas anderen Ansatz bei der Bildbearbeitung wie Photoshop und Co wählt. Die Nutzerbasis in Deutschland ist glaube ich sehr klein, obwohl die Ergebnisse des Programms durchaus für sich sprechen. Der Preis ist mit ungefähr 45€ auch nicht besonders hoch, so dass der geneigte Astrofotograf durchaus auch zum Testen eine Lizenz kaufen kann ohne gleich arm zu werden. Das neue an StarTools ist, dass es durch die Aktionen des Benutzers lernt was gewünschte Details sind und was unerwünschtes Rauschen ist (das heißt „Tracking“). So werden in den einzelnen Arbeitsschritten nach und nach Bildfehler entfernt, die Sterne und Details in Nebeln herausgearbeitet und alles an Informationen aus dem Bild herausgeholt. Ganz am Ende des Prozesses steht dann das Entrauschen, dass auf Basis der Benutzeraktionen die feinen Details in Nebeln schützt und den Bildhintergrund vom Rauschen befreit.
Eine Bemerkung vorweg, StarTools ist recht anspruchsvoll was den PC angeht. Für 10 Megapixel Bilder sollte es schon eine CPU mit vier Kernen und mindestens 8GB RAM sein. Nebenbei sollte auch kein Photoshop oder ähnliches großes Programm laufen, da manche Aktionen kurzfristig sehr viel Speicher brauchen. Wegen des „Tracking“ können die Zwischenschritte nicht gespeichert werden und es ist sehr ärgerlich wenn StarTools dann wegen Speichermangel beim vorletzten Schritt abbricht und wir von Vorne beginnen müssen.
1. Bild öffnen
Es gibt zwei verschiedene Arten Bilder zu öffnen. Liegt das Bild bereits als fertig ausgerichtetes RGB oder LRGB im Format FITS oder TIFF vor, dann kann über „Open“ das Bild geladen werden. Liegen die Farbkanäle dagegen noch einzeln vor, dann kann mit „LRGB“ für jeden Kanal ein Bild ausgewählt werden. StarTools bietet leider keine Ausrichtung der Bilder an, deswegen muss dieser Schritt in einem anderen Programm (z.B. AstroArt oder Fitswork) erfolgen.Ist das Bild geladen erscheint ein Dialog, mit der Frage ob dieses Bild bereits bearbeitet wurde oder noch im Ursprungszustand ist:
- „Linear, not Bayerd or is whitbalanced“ wenn das Bild von einer SW-CCD kommt und noch nichts am Histogramm geändert wurde
- „Linear, was Bayerd, is not whitebalanced“ wenn das Bild von einer DSLR ohne Weißabgleich kommt und noch nichts am Histogramm geändert wurde
- „Modified and not linear“ wenn das Bild bereits bearbeitet wurde, zum Beispiel Histogrammanpassungen. StarTools wird dann versuchen diesen Eingriff wieder rückgägnig zu machen, dieser Modus sollte nach Möglichkeit vermieden werden.
Wenn jetzt schon bekannt ist, dass der PC nicht so viel Speicher hat, dann sollte das Bild mit „Bin“ jetzt schon verkleinert werden. Gerade neuere DSLR mit 18 oder 20 Megapixeln produzieren sehr große Bilder und treiben den Speicherverbrauch in die Höhe. In Schritt 3 wird das Bild mit „Crop“ zugeschnitten, wenn uns eh nur ein Ausschnitt interessiert kann dieser Schritt auch vorgezogen werden.
2. Bildanalyse
Da das Histogramm des Bildes noch nicht angepasst wurde sieht das geladene Bild vermutlich noch sehr dunkel aus, außer den hellsten Sternen ist noch keine Spur des Nebels oder der Galaxie zu sehen. Einen ersten Eindruck des Bildes erhalten wir mit dem Werkzeug „AutoDev“. Hier versucht StarTools alles an Informationen aus dem Bild herauszuholen, in diesem Zustand wird uns das Ergebnis allerdings nicht überzeugen. Immerhin ist der Nebel oder die Galaxie nun sichtbar. Allerdings alle anderen „Bildinformationen“ wie Rauschen und nicht ganz übereinanderliegende Frames allerdings auch. Das Ergebnis behalten wir erstmal mit einem Klick auf „Keep“ und beginnen dann mit der eigentlichen Bearbeitung. Die anderen Parameter interessieren uns zu diesem Moment noch nicht (siehe Schritt 4).
3. Stacking-Artefakte entfernen
Mit dem Werkzeug „Crop“ schneiden wir das Bild zu, einder am einfachsten zu korrigierenden Fehler können wir so schnell eliminieren: Stacking-Artefakte am Rand des Bildes, wo die einzelnen Frames nicht exakt übereinander lagen weil die Montierung eine Drift hatte, die Bilder aus verschiedenen Nächsten stammten oder auch stark gedithert wurde. Die Aufgabe ist schnell erledigt, wir können entweder einen Rahmen aufziehen oder mit den Pixelkoordinaten arbeiten. Viele Funktionen von StarTools werden durch diese Kanten verwirrt und interpretieren sie als wichtige Bildinformation. Deswegen geht z.B. „AutoDev“ recht aggressiv vor, solange solche Kanten im Bild sind, weil StarTools sie als echte Bildinformation wahrnimmt.
4. Vignettierung und Gradienten entfernen
Das Werkzeug „Wipe“ ist ein sehr mächtiges Tool um im Bild enthaltenen Gradienten und Vignettierung zu entfernen. Die Einstellmöglichkeiten sind vielfältig, deswegen gibt es am oberen Rand schon einige Profile, die häufig schon zu einem ansehnlichen Ergebnis führen. Wenn ein Profil gewählt wurde muss es noch mit „Do“ auf das Bild angwendet werden. Die Option „Temporary AutoDev“ ist sehr hilfreich, da StarTools dann gleich nach Entfernen der Gradienten das Histogramm automatisch anpasst. Die Profile sind:
- Gradient: Versucht Gradienten wie sie zum Beispiel durch Mondlicht entstehen zu entfernen, also eine einseitige Helligkeitsveränderung.
- Vignetting: Versucht die Randabdunklung durch die Optik zu entfernen.
- Color Cast: Versucht einen Farbstich zu entfernen, zum Beispiel durch Umgebungslicht wie Mond oder Lichtglocken von Städten.
- Amp Glow: Versucht Verstärkerglühen zu entfernen.
Besonders bei großen und diffusen Nebeln kann „Wipe“ mit Masken unterstützt werden. Um eine neue Maske zu erstellen klickt man auf „Mask“ und zeichnet mit der Auswahl „Lasso“ (Auswahlmenü am unteren Bildschirmrand) eine Auswahl um den Nebel. Diese Auswahl wird nun grün dargestellt und die Änderungen von „Wipe“ wirken nun nur noch auf diesen Ausschnitt. Wir wollen natürlich den Nebel erhalten und den Hintergrund von Gradienten befreien, deswegen invertieren wir die Maske mit „Invert“. Sind wir mit der Maske zufrieden bestätigen wir mit „Keep“. Zurück in „Wipe“ wird eine aktive Maske durch Dreimaliges Aufblinken der Maske signalisiert. Mit „Do“ starten wir die Berechnung erneut, der Nebel sollte nun deutlich besser sichtbar sein und der Himmelshintergrund gleichmäßig grau oder schwarz sein.
Es kann vorkommen das „Wipe“ zu kreuzartigen Artefakten führt, Ursache dafür sind komplett schwarze Pixel an den Stellen wo durch Darks ein Hot Pixel entfernt wurde. Mit der Einstellung „Dark Anomaly Filter“ kann StarTools mitgeteilt werden wie groß diese Bereiche sind, zwischen 4 und 8 Pixel haben sich bei mir bewährt.
Mit der Einstellung „Corner Aggressivness“ kann die Bearbeitung der Bildränder erhöht oder verringert werden. Äußern tut sich eine falsche Einstellung hier mit einer Art Halo oder Leuchten um die Bildmitte, für die richtige Einstellung muss ein wenig probiert werden.
5. Histogramm strecken
Erst jetzt sind die offensichtlichen Bildfehler soweit eliminiert, dass mit dem eigentlichen Strecken des Histogramms begonnen werden kann (Die Anzeige von „Wipe“ wurde nicht übernommen, war wie der Name sagt nur temporär). Grundsätzlich gibt es zwei Wege: Entweder mit „AutoDev“ darauf vertrauen das StarTools schon das Optimum finden wird und ggf. mit der Auswahl der Galaxie oder des Nebels noch ein bisschen eingreifen, oder das Strecken mit DDP und dem Werkzeug „Develop“ manuell machen.
- Bei „AutoDev“ steuert „Ignore Fine Detail“ in wieweit das noch vorhandene Rauschen von StarTools als echte Bildinformation wahrgenommen wird. Mit „Outside ROI Influence“ (ROI = Region of Interest) wird gesteuert wie stark der Einfluss von Bildinformationen außerhalb der Auswahl sein soll. Das Optimum zu finden kann hier schon eine Weile dauern, ich starte gerne mit 3.0 Pixel „Ignore Fine Detail“ und 10-15% „Outside ROI Influence“.
- Bei „Develop“ gibt es mehr Parameter, nicht alle sind sofort von Bedeutung. „Digital Development“ ist auch als DDP bekannt und ein Algorithmus um schwächere Bildinformationen im Bild sichtbar zu machen ohne das dabei hellere Bildteile ausbrennen. Ein guter Startwert sind circa 75%, je nach Bildqualität kann auf bis zu 90% erhöht werden. Das Bildrauschen sollte allerdings noch nicht zu dominant hervorstechen und die helleren Bereiche des Bildes noch nicht flau bzw. grau werden. Besonders vorsichtig sollte man mit dem Regler „Gamma“ sein, hier braucht es allenfalls kleine Änderungen zwischen 1.1 oder 1.4. Auch hier gibt es wieder den „Dark Anomaly Filter“ (siehe Schritt 3, „Wipe“), der hilft die schwarzen Hotpixel zu ignorieren. Außerdem können die Farbkanäle noch unterschiedlich gewichtet werden, was zum Beispiel notwendig ist wenn die Empfindlichkeit des Sensors für bestimmte Spektren schlechter oder besser ist.
Das Bild sollte nun schon ganz passabel aussehen und viele Details im Nebel oder der Galaxie zeigen. Meine Ergebnisse mit StarTools sind oft recht unterschiedlich, gut harmonieren tut StarTools mit gut ausbelichteten Aufnahmen (der Nebel oder die Galaxie sind schon gut sichtbar, das Histogramm ist links nicht abgeschnitten und der „Berg“ im linken Drittel). Je schwächer das Signal, desto heftiger sind die Eingriffe von StarTools und desto dominanter wird das Rauschen letztlich werden.
Im zweiten Teil der Serie werde ich zeigen wie die weniger auffallenden Bildfehler korrigiert werden können und die Nebeldetails hervorgehoben werden können.